Pressespiegel

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Berater, die Unternehmen dabei unterstützen, den hauseigenen Kundenservice zu modernisieren, haben neue Hausaufgaben bekommen. CallCENTER war gestern. Zentralisierung macht in Coronazeiten und wohl auch danach gar keinen Sinn mehr. Zentralisierung adieu! Callcenter adieu?

Orte, an denen Menschen in großer Anzahl zusammenkommen, sind nicht mehr state of the art. Nun ja, jetzt gilt es erst einmal „große Anzahl“ und die Lokation an sich zu definieren, bevor man Pauschalurteile fällt. Eng auf eng im Restaurant war auch vor Corona schon unlustig und diente vorrangig der Auslastung des jeweiligen Etablissements. Hier standen Umsatz, Profit und Gier über dem Wohlfühlfaktor der Gäste. Hier und da gibt es sicher auch einige wenige besondere Exemplare, die dem Sehen und Gesehenwerden verfallen sind und die Nähe zum Tischnachbarn  als positiv empfinden – aber das ist wohl eher die Ausnahme. Im Bus oder im Bahnabteil sind sich hingegen alle einig: Weniger ist mehr, auch vor der Maskenpflicht war das schon so. Dennoch hat es einen gewissen Charme und Mehrwert, Gäste, Kunden, Daten und Prozesse zu zentralisieren. Diktaturen wie China werden durch derart Steuerung und Überwachung nahezu zum Land der perfekten Produktivität. Ungeahntes Leistungs- und Monitoringpotenzial wird offensichtlich, mit allen Vor- und Nachteilen.

1878 entstanden die ersten Telefonzentralen, um Drähte zu verbinden und somit Telefonate zu vermitteln. Rund 100 Jahre später entstanden die ersten professionellen Callcenter. 20, 50 oder hin und wieder auch über 100 Agent:innen arbeiteten auf einer Fläche im Kundenservice und/oder Telefonverkauf. Man spricht heute bei großen Callcenter-Einheiten in der Tat immer noch von Produktionsflächen. Auf eben diesen Flächen ging es um Prozente oder gar Promille, um Optimierung von Gesprächslängen, Abschlussquoten, Servicelevel und Nettokontakten pro Stunde. Eine neue Branche entstand: Callcenter-Dienstleister. Die Betreiber wurden vielfach zu Multimillionären. Zudem wurden derart profitgetriebene Unternehmen interessant für große Finanzinvestoren, die diese Goldesel der Reihe nach aufkauften und zu Megakonzernen wurden, bei denen Zentralisierung eine ganz neue Bedeutung und Relevanz bekam.

Dann kam Corona – alles vorbei! Keine Großraumbüros mehr, stattdessen zentral gesteuerte Homeofficeeinheiten. Neue, besondere Herausforderungen für Betreiber, Mitarbeiter:innen und deren Familien und vor allem für den Datenschutz. Immer mehr Unternehmen, die Callcenter-Outsourcer nutzten, denken nun an Insourcing und beauftragen Callcenter-Berater, um dem Vorhaben des Aufbaus eigener Callcenter-Einheiten einen besonderen Premiumstempel aufzudrücken. In der Regel wissen Callcenter-Berater viel über Zentralisierung, Callcenter-Software, Raumgestaltung, Mitarbeiter-Coaching, Gruppendynamik und Assessment-Center. Bringt aber nix in Zeiten, in denen es keine echten Center mehr gibt und wahrscheinlich auch nie wieder geben wird. Es geht um dezentrale Strukturen, die zentral gesteuert werden. Klingt halbherzig, oder? Ist zentrale Steuerung, zentrales Monitoring, zentrales Denken und Entscheiden überhaupt möglich, wenn die handelnden Akteure – Mitarbeiter:innen und Kunden – dezentral agieren?

Wer sich bereits mit der Blockchain, Decentraland oder dezentralen Finanzsystemen auseinandergesetzt hat, wird das Thema CallCENTER und Kundenservice auf anderer Ebene erneut hinterfragen. Wenn zentrale Datenbanken als unsicher und diktatorisch gelten, zentrale Entitäten über das Sein oder Nichtsein ganzer Sozialschichten entscheiden, liegt es in der Natur der Dinge, Zentralisierung und zentrale Macht zu hinterfragen. Menschen mit wenig Bildung werden dabei leider zu Querdenkern, aber innovative Unternehmer nutzen diese besondere Zeit, um neue Kundenservice-Strukturen zu denken und agile Systeme zu entwerfen, die Kunden und Call-Agenten auf dezentralen, sich selbstregulierenden Portalen zusammenbringen. Hier lohnt sich ein Blick nach Übersee: US-Unternehmer wie Jack Dorsey aber auch Staatsoberhäupter wie Nayib Bukele arbeiten mit Hochdruck an neuen, dezentralen Strukturen, die die Servicewelt nachhaltig verändern werden. 2022 wird das Jahr der Kundenservice-Innovationen. Das klassische Callcenter wird abgelöst und neue Player erobern den Markt mit hybriden Systemen. Wir dürfen gespannt bleiben!

Redaktion SQUT