Ist Exit ein belastbares Unternehmensziel? Ralf Mühlenhöver gehört zu einem der Gründer der Firma voiXen. Nun wurde voiXen verkauft und der Branchenexperte bleibt der Marke treu. Was? Wie? Und warum?
Ralf Mühlenhöver zusammen mit Olav Strawe, dem neuen Gesellschafter der voiXen GmbH.
SQUT: Wenn man voiXen hört, denkt man an Ralf Mühlenhöver. Bleibt das auch weiter so?
Mühlenhöver: Das freut mich natürlich zu hören, doch voiXen ist in den letzten drei Jahren sehr gewachsen und ich hoffe, dass mittlerweile auch viele Menschen an Thomas Manthey, Sarah Rickes und viele andere aus dem Team denken. Denn zum Erfolg von voiXen hat jede:r Mitarbeiter:in seinen Beitrag geleistet. Wir haben hier ein Top-Entwicklerteam mit immensem Elan sitzen, das nicht nur das Kernprodukt Sprachanalyse, sondern auch den neuen digitalen Coaching- und Bewertungsbogen entwickelt hat. Sie haben mich in den letzten Jahren dabei hevorragend unterstützt, das Unternehmen weiter aus- und aufzubauen. Ich bin froh, dass ich das Team auch zukünftig leiten darf und weiterhin voiXen vertrete.
SQUT: Welchen Einfluss hat der Zusammenschluss auf die Kund:innen?
Mühlenhöver: In der 4technology Group sind vier deutsche Unternehmen, die alle ein gemeinsames Credo haben: Hightech made in Germany. Wir bieten schon heute das breiteste Produktportfolio für den Kundenservice, das in Deutschland entwickelt, gehostet und supportet wird, an. Das bedeutet für die voiXen Kund:innen eine tolle Perspektive. Wir haben beispielsweise eine großartige Integration in die 4Com ACD geschaffen, sodass Kund:innen beider Unternehmen mit wenig Aufwand alle Funktionen nutzen werden können. Diese Möglichkeiten möchten wir zukünftig weiter ausbauen, um coole Lösungen aus Deutschland anbieten zu können.
Damit schließen wir uns einem Netzwerk an, mit dem wir unsere Schlagkraft erhöhen und innovative Technologie „Made in Germany“ weltweit schneller zu den Kund:innen bringen können. Für unser gesamtes Team und unsere Kund:innen stellen wir jetzt die Weichen für zukünftiges erfolgreiches Wachstum.
SQUT: Und welchen Einfluss hat der Zusammenschluss auf Partner, die ggf. im Wettbewerb zu 4Com, Lindenbaum und parlamind stehen?
Mühlenhöver: Wir bleiben offen für alle Partnerschaften, egal ob technologischer oder beratender Natur. Wir haben gerade erst erfolgreich den Zertifizierungsprozess für alle drei Contactcenter-Produkte von Genesys abgeschlossen, u. a. für die Cloud-Plattform. Wir sehen uns weiterhin für unsere Partner als die europäische Alternative für Sprach- und Textanalyse.
SQUT: Gibt es native Integrationen der voiXen-Software in die Produkte der Schwestergesellschaften?
Mühlenhöver: Ja, denn wir arbeiten ja schon länger zusammen, so sind wir schon vorher Technologiepartner gewesen. Die nahtlose Schnittstelle zur ACD sowie eine Integration für die NPS-Messung bei Kundenzufriedenheitsbefragungen, auch Customer Feedback genannt, sind Beispiele hierfür. 4Com Kund:innen können also mit wenigen Klicks die voiXen-Software freischalten und nutzen. Wir haben im Bereich Intent- und Sentiment-Recognition schon gemeinsame Projekte mit parlamind aus Berlin umgesetzt. Zudem haben wir eine Integration in die Cognitive-Voice-Platform – das ist wahrscheinlich das beste Audio-Gateway für z. B. Voicebots – von Lindenbaum in Karlsruhe.
SQUT: Du bist ein Mann der ersten Stunde bei voiXen. Wie fühlt es sich an, so einen Schritt zu gehen?
Mühlenhöver: Ich habe dabei ein weinendes und ein lachendes Auge. Das fasst die Emotionen bei so einem Verkauf gut zusammen. Es ist ein bisschen wie der Moment, in dem die Kinder das eigene Haus verlassen. Man hat lange daran gearbeitet, dass sie groß und selbstständig werden – und wenn sie dann gehen, vermisst man sie dennoch. Als Technologie-Startup haben wir immer darüber nachgedacht, wie wir „erwachsen“ werden und unseren Einfluss maximieren können. Jetzt können wir schneller wachsen, technologisch und geografisch, und unsere Technologie kann einem größeren Kundenstamm zur Verfügung gestellt werden.
SQUT: Gibt es Momente, in denen man mit einer solchen Entscheidung hadert?
Mühlenhöver: Ich habe mir die Entscheidung bestimmt nicht leicht gemacht, weder vor fünf Jahren bei Voxtron noch vor fünf Monaten bei voiXen. Es geht ja nicht nur um den Verkauf einer Technologie, sondern meine Mitarbeiter:innen formen den Spirit und die Entwicklung des Unternehmens. Deshalb wägt man immer genau das Für und Wider ab und ja, manchmal zögert man und überlegt, welcher der beste Weg ist. Ich wünsche mir auf jeden Fall, dass meine Mitarbeiter:innen den Drive, den „voiXen-Spirit“ erhalten – egal wie „erwachsen“ wir werden.
SQUT: Und nun zu Dir: Wofür setzt Du Dich ein?
Mühlenhöver: Gute Frage! Mein erster Chef hat mal gesagt, er würde nicht mehr planen, da müsse man ja zweimal rechnen, einmal vorher, einmal hinterher. Ganz so weit würde ich nicht gehen, aber ein Fünkchen Wahrheit ist schon dran. Die Zeiten werden ja immer schneller, unplanbarer, chaotischer – davon sprechen wir ja schon seit Jahren, aber 2020 ist sicherlich ein guter Beweis dafür. Beruflich werde ich auch in der neuen Konstellation alles dafür tun, zu beweisen, dass wir coole, aber auch von den Anwender:innen einfach zu verwendende Top-Technologie in Deutschland bauen und verkaufen können. Das treibt mich jetzt seit über 20 Jahren an, und es ist meine Motivation: „Wir machen das, weil wir es – sehr gut – können!“ Privat steht noch meine Fahrradtour in und durch den Iran an, aber das muss wohl noch ein paar Tage warten.
SQUT: Welches Callcenter willst Du unbedingt als Kunden gewinnen?
Mühlenhöver: Studien haben bewiesen, dass Unternehmen, die CX-Leader sind, auch erfolgreicher sind als andere. Amazon ist da sicherlich der große Vorreiter. Von daher schauen wir gezielt nach Unternehmen, die sich wirklich für ihre Kundenbeziehungen interessieren und eine Strategie haben, tatsächlich kundenzentriert zu denken und zu handeln. Warum sollten Hersteller:innen, Lieferant:innen und Berater:innen sich ihre Kund:innen nicht aussuchen? Heute funktioniert das eigentlich nur umgekehrt. Ich finde die Idee eines Bewerberportals für In-House-Servicecenter und Callcenterdienstleister gut. Und dann werden wir automatisch die besten Kund:innen bekommen – so wie heute schon!
SQUT: Wir sieht die Zukunft im Kundenservice aus? Wird es eine Evolution oder eine Revolution geben?
Mühlenhöver: Ich glaube an die Evolution und die Revolution, das steht ja sogar in meiner Intro, wenn ich mal wieder mit Menschen über modernen Kundenservice sprechen darf. Für mich bedeutet dies, dass es neben der iterativen Entwicklung – zu vergleichen mit kleinen Genveränderungen, den Mutationen – eben auch bahnbrechende Veränderungen gibt, die zu technologischen Quantensprüngen führen. Die Evolution in der IT wird durch Moores Gesetz beschrieben. „Noch ein weiterer Kommunikationskanal“ verdeutlicht diese im Kundenservice, während die ständige Verfügbarkeit eines internetfähigen, mobilen Geräts zur Kommunikation für die Revolution steht. voiXen wird auch zukünftig an beiden Veränderungen arbeiten!
Ralf Mühlenhöver ist technologieverliebter Betriebswirt mit einer Leidenschaft für Software und Kundenservice. Seit Januar 2018 ist er als Geschäftsführer bei voiXen und bietet Text- und Sprachanalyse aus der deutschen Cloud an.