Pressespiegel

Hier endecken Sie unser umfangreiches Archiv an Fachartikeln!

Dieses Archiv repräsentiert nicht nur eine Sammlung von Nachrichten, Berichten und Features, sondern auch das Resultat unermüdlicher Arbeit unserer engagierten Redakteure sowie die wertvollen Beiträge unserer branchenübergreifenden Partner. 

Künstliche Intelligenz (KI) erobert seit ein paar Jahren und ganz massiv in den letzten zwei Jahren die Welt. Und so schnell diese Phrase „die Welt erobern“ als Beschreibung von Erfolg dahingesagt wird, so sehr muss man hier die wörtliche Bedeutung immer mehr unter die Lupe nehmen. Wer sich eine KI ins Haus holt – sei es als technisches Zusatzfeature einer Software, in Form von ChatGPT oder als eigenständig arbeitende Einheit – der muss sich darüber im Klaren sein, was vor allem das Wort Intelligenz mittel- und langfristig mit sich bringt. Dr. Zarmina Penner, Expertin für Führungs- und Teamentwicklung, und Detlev Artelt, Berater für Kommunikationstechnologien, stellen diese Vision im Dialog auf die Probe.

 

Detlev Artelt: In ihrer Definition bezieht sich KI auf die Fähigkeit von Maschinen oder Computern, Aufgaben auszuführen, für die normalerweise menschliche Intelligenz erforderlich ist, z. B. Problemlösung, Sprachverarbeitung, Bilderkennung, Lernen und Entscheidungsfindung etc. Hierbei nimmt dieses zunächst technische Konstrukt immer mehr sicht- und hörbare menschliche Züge an. 

 

Zarmina Penner: Exakt – schon lange reden wir nicht mehr nur von schlichten Textbausteinen und Android-Köpfen! KI wird mit einer mittlerweile täuschend echt klingenden Stimme versehen, sie erhält Gesichter mit authentischer Mimik bis hin zu korrekten Lippenbewegungen beim Sprechen. Wir, die wir mittlerweile daran gewöhnt sind, unser Gegenüber auf einem Bildschirm zu sehen, können also nur noch schwer unterscheiden, wer da vor uns sitzt. Denn das, was Menschen menschlich macht, fehlt in virtuellen Szenarien Mensch und KI gleichermaßen: Geruch, Körperwärme, das Anfassen. Wie schnell wir nun bereit sein können, auch ein künstliches aber authentisch wirkendes Gegenüber als gleichwertigen Gesprächs-, Spiel- oder sonstigen Partner anzunehmen, das zeigt Spike Jonzes Utopie „Her“ – ein Film aus dem Jahr 2013, in dem sich ein Mann in seine Siri-artige Smartphone-Assistenz verliebt. 

 

Detlev Artelt: Ja, den Film kenne ich, sehr empfehlenswert! Hier soll es jedoch nicht um diese Art von beinahe schon dystopischer Vision gehen, sondern um handfeste, bereits vor der Türe stehende Szenarien mit KIs. Denn was ich in aktuellen Beratungsmandaten bereits erlebe, ist, dass KIs in Entscheidungsprozesse einbezogen werden, als zusätzliche „Person“ im Videomeeting mitschreiben und freundlich an Termine erinnern. 

 

Zarmina Penner: Naja – absolut sinnvoll und wahrscheinlich erstmal unkritisch ist ja die Delegation von zeit- und ressourcenaufwendigen Tätigkeiten an KI-gesteuerte Systeme, z. B. das mühsame und wiederholte Ausfüllen von Formularen, die Überwachung von Input und Output eines Prozesses und die Protokollierung von Ereignissen. Auf diese Weise kann für das Team Zeit für anspruchsvollere Tätigkeiten gewonnen werden, z. B. für einen guten Umgang mit den Kunden im Kundenservice. KI erinnert die Mitarbeiter:innen z. B. an Details des Kundenfalls und gibt zeitnah Tipps zur Verbesserung der Kommunikation und Interaktion. 

Im Moment ist KI ein Hype, wie jedes neue Thema. Es wird aufgebauscht, über- oder unterschätzt. Ängste und Hoffnungen werden geschürt. KI bleibt im Grunde aber nur eine Technologie, die uns zur Verfügung steht. Sie ist eine künstliche Technologie und wird niemals die natürliche menschliche Intelligenz ersetzen können, eine Intelligenz, die Kreativität, Intuition, Empathie, Ethik und Werte, Verständnis für Zusammenhänge und Nuancen besitzt.

 

Detlev Artelt: Und dennoch stellen die Menschen Fragen, die aus einem sehr menschlichen Konkurrenzgefühl resultieren. Betrete ich als Technologieberater ein Unternehmen, so steht es vielen Mitarbeiter:innen geradezu auf die Stirn geschrieben: Kann KI mich meinen Job kosten? 

 

Zarmina Penner: Eine knifflige Frage und wahrscheinlich muss dem ein oder anderen geantwortet werden: Ja, das kann sie. Es ist daher in vielen Berufen und Tätigkeiten sicherlich eine gute Idee, sich ständig weiterzubilden und sich auf Themen zu spezialisieren, die nicht so leicht durch Maschinen ersetzt werden können. Prävention ist der beste Weg. Darüber hinaus sind die Art der Tätigkeit, die Branche und die Unternehmenspolitik natürlich wichtige Einflussfaktoren. 

Führungskräfte sind aufgefordert, den Einsatz von KI sorgfältig zu planen und die Integration von KI positiv und sozialverträglich zu gestalten, die Beschäftigten zu unterstützen und ihre Fähigkeiten zu stärken, anstatt Arbeitsplätze zu ersetzen.

 

Detlev Artelt: Stillstand ist der Tod könnte man es also etwas drastisch mit Herbert Grönemeyers Worten ausdrücken. Es nutzt nichts, über Fortschritt und Entwicklung zu jammern. Stattdessen muss jeder seine eigene Position hinterfragen und gegebenenfalls neu ausrichten. Aber um nochmal auf den Eingangsgedanken zurückzukommen: Können wir uns eine KI eigentlich auch als Teammitglied vorstellen? Also als Sparringspartner, Gesprächspartner, als Teil einer Gemeinschaft? Und wenn ja wie würde das ein Team verändern? 

 

Zarmina Penner: Diese Idee ist gar nicht so abwegig! KI-gesteuerte Sprachassistenten wie Siri, Alexa und Co. könnten in Zukunft absolut und ganz klar weiterentwickelte Teaminteraktionen zeigen. Derzeit sind sie eher als autonome, isolierte Systeme konzipiert, die individuelle Anfragen bearbeiten. Es ist aber durchaus denkbar, dass diese Assistenten in der nächsten Entwicklungsstufe besser miteinander kommunizieren und kooperieren können. In Zukunft könnten mehrere KI-Assistenten sogar schon untereinander ähnlich wie menschliche Gruppen zusammenarbeiten, um vielfältige Aufgaben zu lösen. Im besten Fall könnte dies zu effizienteren Arbeitsabläufen führen, da KI schneller und präziser auf bestimmte Aufgaben reagieren kann. Zudem könnten die Fähigkeiten des Teams durch Spezialisierung erweitert werden. Denkbar wäre eine bessere Entscheidungsfindung durch die schnelle Analyse großer Datenmengen und fundierter Erfahrungen. Teams könnten von der Kombination aus menschlicher Intuition und künstlicher Intelligenz profitieren. Eine solche Wissensbasis wäre skalierbar und anpassbar. 

Spätestens, wenn diese Assistenten in Team-Aktivitäten, Projekte etc. eingebunden werden, müssen aber Sicherheit, Privatsphäre und Rechenschaftspflicht sowie klare Richtlinien und Standards sichergestellt werden. Funktionieren kann ein solches „gemischtes“ Team nämlich nur, wenn KI-Systeme im Einklang mit menschlichen Werten handeln. Wann und in welchem Umfang solche Fortschritte erzielt werden können, ist jedoch schwer vorherzusagen.

 

Detlev Artelt: Eine weitere Komponente müssen wir noch betrachten: Wir haben bis hierher angenommen, dass KI als neue unterstützende Technologie von Führungskräften mit positiv wohlwollender Motivation eingesetzt werden kann. Was aber ist mit negativ kontrollierender Absicht? 

Angenommen, die Unternehmensleitung setzt KI ein, um die Mitarbeiter:innen zu überwachen und zu bewerten, indem sie die Anzahl der Tastatureingaben pro Tag, die Analyse eingehender und ausgehender Anrufe sowie den Zugang und die Nutzung des Internets analysiert. Die KI nähme jetzt die Position der Petze, des Maulwurfs, des Verräters ein. Es liegt also auf der Hand, dass im Sinne von Akzeptanz und Nutzen der Einsatzzweck nicht nur sinnvoll sein muss, sondern wir eine Art ethische Verantwortung tragen, nie die KI vor den Menschen zu setzen und sie sogar gegen ihn einzusetzen, oder?

Zarmina Penner: Ein wichtiger Gedanke, Detlev! Die Integration von KI in Teamstrukturen wird in jedem Fall auch eine Herausforderung darstellen, da nicht nur klare Kommunikationsprotokolle und eine effektive Integration in bestehende Prozesse erforderlich wären. Die von dir angesprochenen ethischen Fragen müssen geklärt werden, insbesondere nicht nur die von hierarchischer Natur, sondern auch im Hinblick auf die Verantwortung für Entscheidungen. Hier bedarf es klarer Richtlinien und Standards, um sicherzustellen, dass KI-Systeme im Einklang mit ethischen Normen handeln.
Übrigens – auch in Bezug auf die typischen Dramen menschlich-emotionaler Interaktionen können wir uns die sachlichen Eigenschaften einer KI zunutze machen. So kann KI zum Beispiel auch zur Früherkennung von Konflikten in geschriebener und gesprochener Sprache eingesetzt werden, insbesondere durch Mustererkennung. Dadurch könnten Eskalationen vermieden werden. Darüber hinaus könnte KI zu einer stärkeren Versachlichung führen und dazu beitragen, sachliche und faire Lösungen für Konflikte zu finden.
Aber aufgepasst: Auf der anderen Seite könnte KI auch negative Auswirkungen haben, durch mangelnde Empathie, Voreingenommenheit der KI-Systementwickler, mangelnde kulturelle Sensibilität und einen Mangel an Vertrauen und Beziehungen.

Detlev Artelt: Dann ist die wichtige Botschaft, dass all diese Veränderungen denkbar sind, aber nicht unausweichlich, da sie von der technologischen Entwicklung, der gesellschaftlichen Akzeptanz und der Regulierung abhängen und auch Unternehmenskultur und -führung eine wichtige Rolle spielen. Es gehört demnach zur Sorgfaltspflicht der Führung, dafür zu sorgen, dass der Nutzen maximiert und mögliche Risiken minimiert werden.

Zarmina Penner: Absolut! Und wenn ich dein Fazit noch ergänzen darf: Eine Maschine wird niemals den Menschen ersetzen können, denn die Unterschiede sind vielfältig. Menschen haben ein Bewusstsein und die Fähigkeit, sich selbst wahrzunehmen. Menschen können komplexe Probleme lösen, kreativ denken, lernen, sich anpassen und soziale Beziehungen pflegen. Menschen empfinden Gefühle wie Liebe, Freude, Trauer und Empathie. Emotionen beeinflussen ihr Verhalten und ihre Entscheidungen. Eine Maschine kann das alles nicht. Die Grenzen zwischen Mensch und Maschine könnten mit Fortschritten in der künstlichen Intelligenz und Biotechnologie weiter verschwimmen. Dennoch bleiben die genannten Unterschiede.